10. Juli 2023
Rückblicke

Frühlingsreise des DDV 2023 ins fürstliche Südostjütland vom 3. bis 4. Juni 2023

von: Karin und Günther Rohde

Die Reise beginnt mit einer kleinen Überraschung, da uns ein Bus erwartet, der sonst nur die Riesen der Tower-Basketballer befördert. Sehr bequem, und es ist eher unwahrscheinlich, dass dort unser Anreiselied „Geh aus mein Herz und suche Freud“ (Paul Gerhardt) erklungen ist. Auf der Tour nach Sonderburg entlang der Flensburger und vorbei an den Ochseninseln und Annis Kiosk fordert Bruno: „Das sollt ihr genießen!“ Dem konnte man sich natürlich nicht entziehen. Eine von Torkild kopierte Karte der Region erleichterte die geographische Übersicht (leider ohne mitgelieferten Kompass zum Einnorden der Karte). Die Fahrt über die Halbinsel Broager mit der alten Mühle und den preußischen Schanzen weckte Erinnerungen an die blutige Schlacht von 1864, in der auch die überlegene preußische Artillerie die Stadt Sonderburg in Schutt und Asche legte. Betroffen war auch das Haus der Vorfahren unseres Mitreisenden Jürgen. Eine damals zerschossene Geldbörse ist immer noch in Familienbesitz.

 

Das erste Highlight der Tour ist dann der grandiose Blick über Sonderburg von der Aussichtsplattform des Steigenberger Alsik-Turms. Bei strahlendem Sonnenschein können wir aus der Vogelperspektive den Hafen, die alte Brücke, das Schloss und sogar die Düppeler Mühle bestaunen.

Nach dem Essen im Restaurant Colosseum informiert uns Hanne Iversen, eine junge, gut vorbereitete Frau, bei einer Führung durch Schloss Sønderborg über die Geschichte des Schlosses, die als kleine Wehranlage (Trutzburg) auf einer Sandbank im Sund begann. Dort bewachte die Burg, die in mehreren Phasen vergrößert wurde, seit dem 12. Jahrhundert die südliche Einfahrt des Alssund. Die vierflüglige Schlossanlage im Stil der Renaissance entstand unter König Christian III. und Königin Dorothea (1550-1570). Die vielen Gemächer des Schlosses zeigen Ausstellungen über die Geschichte des Grenzlandes, den 64iger Krieg und den ersten Weltkrieg. Beeindruckend sind auch der Rittersaal und die Fürsten-Kapelle, gestaltet von Königin Dorothea. Nach 1867 diente das Schloss als preußische Infantriekaserne.

Am späten Nachmittag geht es weiter zum Deutschen Museum in Nordschleswig. In der preußisch-deutschen Periode zwischen 1864 und 1920 unterhielt die kaiserliche Marine im damaligen Sonderburg einen Stützpunkt. Bei der Volksabstimmung 1920 stimmten die Bewohner mehrheitlich für den Verbleib bei Deutschland. Als Teil der nördlichen Abstimmungszone (es wurde in der nördlichen Zone en bloc abgestimmt, in der südlichen gemeindeweise) fiel die Stadt jedoch an Dänemark. Im Museum wird die wechselvolle Geschichte dieses Grenzlandes, die Kultur und der Alltag der deutschen Minderheit durch den Leiter des Museums, Hauke Gella, eloquent und kenntnisreich nachgezeichnet. Es geht um dänische und deutsche Identität, sehr oft unter dem Motto von Goethes Faust: „Zwei Seelen wohnen, ach, in meiner Brust.“  Im Begleittext des Museums heißt es dazu: „Im groben Ganzen sind wir heute bei diesem Punkt angekommen:  Akzeptierte Bürger des dänischen Staates und Teil der Gesellschaft zu sein und gleichzeitig einen wie auch immer deutsch geprägten Kern behalten zu haben. Ob damit die Identitätsfindung der Minderheit abgeschlossen ist?“

Eine Fülle von Exponaten, auch aus der jüngsten Zeit, demonstrieren auch die Verbundenheit mit den Leuten südlich der Grenze, als man über den umstrittenen Schweinezaun Volleyball spielte, oder wie sich dänische Traditionen mit deutschen mischen, am Beispiel der Abiturientenmützen und der Schultüten. Ein Museum, das zum Mit- und Nachdenken anregt!

Nach einer Übernachtung im Hotel 6400 (Name in Anlehnung an die Postleitzahl von Sonderburg) beginnt der Sonntag mit einer Besichtigung der Sct. Marie Kirke, in der auch die Spende eines Schiffsmodells zu sehen ist, das die Vorfahren Jürgens gespendet haben.

Weiter geht es nach Gråsten Slot (dt. Gravensten, wo der gleichnamige Apfel seinen Ursprung hat, der angeblich von einem Ahlefeldter, einem früheren Besitzer, als Steckling geklaut wurde). Mitglieder der königlichen Familie verbringen regelmäßig im Sommer ein paar Wochen auf dem Schloss. Steen Jørgensen führt uns durch den Schloss- und den Küchengarten und würzt seine humorigen Ausführungen und Erklärungen mit witzigen Anekdoten. Von sich selbst behauptet er, sein Deutsch dem Fernsehen zu verdanken und noch nie eine deutsche Grammatik in der Hand gehabt zu haben. Der Garten ist seit 1921 in staatlichem Besitz und wurde 1935 Kronprinz Frederik und seiner Frau Ingrid geschenkt. Ingrid gestaltete ihn als englischen Landschaftsgarten mit großen Blumenrabatten, die so umfangreich sein sollten, dass man einen Strauß pflücken konnte, ohne dass man es der Rabatte ansehen konnte. Die Rhododendren stammen aus Ingrids Heimat Schweden. Ein Spaziergang auf den verschlungenen Wegen bietet immer wieder wunderbare Ausblicke in die Landschaft, die Seen und die Bäche.

Als der Garten durch einen großen Pavillon, den man aber nicht direkt auf das Gelände befördern konnte, ergänzt werden sollte, fragte man höflich bei der Armee an, ob nicht zufällig eine Übung mit dem Schwerlast-Helikopter geplant sei. Und zufällig war das tatsächlich der Fall.

Nach einem Ondit soll die kleine Margrethe, heute Königin, an einem Soldaten, der pflichtschuldigst präsentierte, am Wachthäuschen vorbeimarschiert sein. Das gefiel ihr so gut, dass sie immer wieder hin und zurück ging, was den armen Kerl arg ins Schwitzen brachte. Nur dem König gefiel das nicht, und der Soldat brauchte fortan nicht mehr zu präsentieren.

Beim Rundgang kommen wir auch an einer 350 Jahre alten Eiche vorbei, unter der schon Hans C. Andersen gesessen hat und alle Gutgesinnten können noch heute den Abdruck seines Allerwertesten erkennen. Dort soll er das traurige Märchen „Das kleine Mädchen mit den Schwefelhölzern“ geschrieben haben.

Die Kirche des Schlosses ist allen Gemeindemitgliedern zugänglich, jeden Sonntag ist Gottesdienst, es werden Taufen abgehalten und Margrethe „strahlt dann wie die Sonne“, sagt Herr Jørgensen.

Eine kleine Kuriosität zum Schluss: In einem der Seitenflügel des Schlosses, in dem auch H. C. Andersen (natürlich mit dem berühmten Koffer mit Seil) ein Zimmer hatte, sind aus Symmetriegründen die Fenster des Schlosses nur aufgemalt.

Der Küchengarten, ein Produktionsgarten, stand ursprünglich nur der königlichen Familie zur Verfügung und versorgte die königliche Küche bis zum Tod von Königin Ingrid im Jahre 2000 mit frischem Obst und Gemüse. Die Grundidee war: „Von der Erde zum Tisch.“ Nach 2020 ist der Garten für die Öffentlichkeit zugänglich. Auf vielen Beeten gedeihen Kohlsorten, Mohrrüben, Erdbeeren (auch bei den Besuchern beliebt) und Küchenkräuter. Die Bewirtschaftung wird auch von der Kommune Sønderborg mitgetragen, die dafür sorgt, dass auch Menschen mit Handicap durch Arbeit im Garten integriert werden. Nach Abreise der königlichen Familie gehen die Gartenprodukte an Heime und andere soziale Einrichtungen.

Ein Café und eine Butik, auch bei DDVlern wegen der schönen Geranien sehr nachgefragt, runden die Anlage ab. Man hält dort sogar Pflanzen für Hochzeitstage (Torkild!) vorrätig.

Letzter Abschnitt unseres Programms: Wir begeben uns auf eine Zeitreise durch die Geschichte des Industriemuseums Kupfermühle.

Susanne Rudloff, die sympathische Museumsleiterin, ist von ihrer Tätigkeit begeistert und kann diese Begeisterung auch auf die Zuhörer übertragen. In den Werkhallen, die heute Museum sind, wurde bis 1962 produziert. Die Schließung kam „über Nacht“ durch den rasanten Verfall des Kupferpreises. Gründer des Werks war der dänische König Christian IV. Die Hütte hatte einen idealen Standort. Durch das starke Gefälle der Krusau (auch bei Trockenheit durch Grundwasser gespeist) stand immer Energie zur Verfügung, die Erze kamen aus den zu Dänemark gehörenden skandinavischen Ländern (u. a. Falun, Røros) und der Hafen von Flensburg lag für die Einfuhr der Rohstoffe sowie die Verschiffung der Erzeugnisse vor der Tür. Zudem kann Kupfer „kalt“ verarbeitet werden. Produziert wurden Massenprodukte wie Bleche für Kirchendächer und Schiffsrümpfe, aber auch viele Haushaltsgegenstände aus Messing. Beliefert wurde der internationale Markt. In der ersten Halle steht ein interessantes Ausstellungsobjekt, das Modell der Fregatte Jylland, deren Rumpf mit Kupferblechen beschlagen ist, um den Schiffsbohrwurm, der die Holzplanken zerlöchern würde, abzuhalten. Doch die Larven dieser Muschel, winzig klein, konnten durch die Bohrungen für die Kupfernägel schlüpfen. Erst mit einer Filzunterlage unter den Kupferplatten konnte man die Schädlinge abhalten.

In den folgenden Hallen stehen riesige Verarbeitungsmaschinen mit ihren massiven Transmissionsriemen und das gewaltige Hammerwerk, das wir bei der Arbeit bewundern dürfen, angetrieben durch das mächtige Wasserrad.

Die Fülle der Informationen an beiden Tagen mag bei dem einen oder anderen aber auch die Vorstellung eines anderen Rades, des Mühlenrades, hervorgerufen haben. Sie stammt von dem schon oben zitierten Goethe: „Mir wird von alledem so dumm, als ging mir ein Mühlrad im Kopf herum.“

Deshalb waren nach der eindrucksvollen Führung natürlich nicht nur ein paar geistige Dehnübungen durch anregende Gespräche angesagt, sondern auch ein großes Stück Trümmertorte und Kaffee.

Überhaupt, die Verköstigung auf der Reise mit Frokost und großem Menü am Abend: Da jubilierten die Cholesterinchen und Kilochen und vom David des Michelangelo entfernte man sich nach diesen üppigen Mahlzeiten figürlich immer weiter, leider. Natürlich geböte es die Sittlichkeit, den Blick nur über den Oberkörper Davids gleiten zu lassen, aber wir wollen doch nicht allzu moralinsauer daherkommen.

„Leben ist nicht genug, sagte der Schmetterling, Sonnenschein, Freiheit und eine kleine Blume gehören auch dazu.“ (H. C. Andersen) Und ich ergänze: Auch eine Reise nach Dänemark darf nicht fehlen. Was hilft gegen den Abschiedsschmerz? Vielleicht die Vorfreude auf die nächste Tour, die doch offensichtlich allen Teilnehmern ins Gesicht geschrieben ist, oder?

PS 1: Sollte sich ein Fehler eingeschlichen haben, so war der natürlich absichlich, denn nur Gott kann perfekt sein und wer möchte den schon verärgern?

PS 2: Dieser Text wurde - garantiert - nicht mithilfe von KI (Künstliche Intelligenz), sondern durch AND (Angeborene Natürliche Dummheit) verfasst.

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