14. Oktober 2023
Rückblicke

Leben in der Marsch – Ausflug zum Rieck Haus in Curslack

von: Dani Clément

Natürlich hatte Torkild eine spannende Ankündigung dieses Ausflugs für die DDV Mitteilungen geschrieben: Das Rieck Haus, ein seit den 1950er-Jahren zum Museum umfunktionierter Bauernhof aus der Mitte des 16. Jahrhunderts, war das Ziel unserer Exkursion. Warum? Weil solche Höfe damals in Dänemark identisch aufgebaut waren und das Rieck Haus deshalb bestes Anschauungsmaterial ist auch zur Geschichte Dänemarks.

Wer nun einen reinen Ausflug in die Landwirtschaft erwartete, der wurde gewohnt grandios überboten. Denn ja, Torkild erklärte mit zum Teil mikroskopischen Details auch die Anlage der Felder, deren Bewirtschaftung und was dort alles wuchs – und das so lebhaft, dass man es beinahe vor Augen zu haben glaubte. Aber er wusste darüber hinaus noch sehr viel mehr Interessantes zu berichten.

Kurz zusammengefasst: Die Bauern in der Marsch wurden damals sehr wohlhabend, weil sie die Nähe zum reichen Hamburg nutzten, das über die Wasserwege kaum einen Tag entfernt lag. Für den dortigen Markt züchteten sie zum Beispiel Erdbeeren, die die Hamburger ihnen buchstäblich einzeln in Gold aufwogen. Im Inneren des Hauses zeigten die Landwirte ihren Wohlstand:

Mit teuersten Fliesen – im Altenteil, in dem nicht nur der alte Bauer mit seiner Frau lebte, sondern auch Dutzende Stubenküken, die es nicht zu zertreten galt. Deshalb gab es einen eigenen Zugang, der durch die Räume des Hoferben führte, und diese Begegnungen, wenn man als alter Bauer schon mal da war, ... wohl oft genug zu abendlichen Diskussionen darüber, wie der Hof zu führen sei.

So geht nur eine der erstaunlichen Ketten, die Torkild da am laufenden, genau: Band, formt und auf diese Art das Leben, den Kampf und die Sehnsüchte der Menschen von damals unfassbar lebendig werden lässt. Wie nebenbei erklärt er noch inneneinrichterische Spitzfindigkeiten: Eine zu hoch getischlerte Sitzfläche etwa war damals Kalkül!

Weil die durch den Druck der Kante auf die Kniekehlen einen unangenehmen venösen Blutstau verursacht, war hier nicht lange gut zu sitzen. Sie barg im Inneren die Küken und war als Sitzgelegenheit ungebetenen Besuchern vorbe- halten, die so schneller den Drang haben sollten, den Weg wieder nach draußen zu finden. Doppelt praktisch! Nie ist Geschichtskunde spannender als mit einem solchen „Referenten“, der Erzähler, Antwortgeber und Unterhalter zugleich ist.

Und als wäre das nicht mehr als genug, tischte Torkild wahrhaftig groß auf. Als Aperitif hatte er uns schon mit einem köstlichen, selbstgemachten und an- genehm heißen Saft aus Äpfeln und Birnen begrüßt, und nach der Führung gab es ein großartiges Menü, für das er sehr lange in seiner Küche gestanden haben muss und das uns aus dem harten Leben auf der Hofstelle zurückkatapultierte in ein herrliches Dasein im Heute mit einem Verein, der wirklich Spaß macht.

Gebratenes Sellerieschnitzel mit Kräutercreme, ein Teller mit Fisch, Kartof- felsalat, Zwiebelringen, Radieschen, eingelegtem Kürbis, hartgekochtem Ei und Birne – das war nichts anderes als nordisch köstlich! Und danach gab es eine perfekte dänische Hühnersuppe. Als Dessert opferte Torkild Obst aus dem eige- nen Garten, das er eingelegt hatte – zusammen mit einem Klecks Schlagsahne glaubten wir dem Himmel fast näher zu sein als die, die in Erwartung der Heim- holung mit den Füßen nach Osten schliefen auf der Hofstelle im Rieck Haus.

Wir verließen das alte Gebäude voller Wissen, gut gesättigt und mit einer großen Portion Dankbarkeit über den großartigen Tag, den Torkild uns bereitet hatte.

 

Foto: © Bergdörfer Museumslandschaft 

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