Denn erstens versteht er sich in seinem Beruf des Theologen vor allem als Konstrukteur und Entwickler von Geschichten – er ist also das, was die Werber neudeutsch „Storyteller“ nennen. Und genau das, so argumentiert er, tun auch Städte und deren Bewohner und Erbauer: Sie erzählen die Geschichte ihrer derzeitigen, aber auch früheren Einwohner und Planer.
Zweitens ist Frank Engelbrecht seit 2003 Pastor an der Hauptkirche St. Katharinen, betreut dort den Gemeindeaufbau, und ist bei der Initiative „Altstadt für alle“ für die Netzwerkarbeit in der Altstadt, Speicherstadt und HafenCity zuständig. Damit wirft er durch seine Tätigkeit auch einen genauen Soziologenblick auf die Stadt, in der er mit Menschen arbeitet.
Und drittens hat er als Sohn eines Deutschen und einer Dänin und viele Jahre in Kopenhagen tätiger Experte gleich zwei Perspektiven aus zwei verschiedenen Städten und Ländern zu bieten.
Der Verein lud Engelbrecht für einen Vortrag über Perspektiven auf den Städtebau – und erhielt einen spannenden, packenden und sehr sympathischen Einblick in Geschichte und Ausblick auf die Stadtplanung aus der Sicht des Soziologen-Storytellers-Weitgereisten und nicht zuletzt menschenzugewandten Pastors Frank Engelbrecht.
Seine erste Feststellung ist historisch gewachsen und daher heute bestimmendes Element von Städten: „Die Freiheit des Menschen misst sich an der Freiheit seines Automobils, während wir die Kinder in umzäunten Spielplätzen einengen“, konstatiert er. „Und zugleich verwenden wir große Kraft auf die Verkehrserziehung unserer Kinder.“ Die Stadt, zumal die Deutsche, wurde recht bald nach dem Krieg nicht mehr für die Menschen geplant, sondern für ihre Autos. Engelbrecht belegte das mit – heute schockierendem – Detailwissen aus der Stadtgeschichte: Wo in Hamburg nach dem Krieg noch Gebäude standen, wurden sie stellenweise beherzt weggebombt, um Platz zu schaffen für große Durchfahrtsschneisen. Da diese nun existierten, wurde das Auto zum Fortbewegungsmittel zwischen verschiedenen Funktionswelten: dem Zuhause, der Arbeit und den Einkaufszentren.
Schön, verspielt, sozial und sicher ist all das nicht – aber Engelbrecht wies daraus durchaus einen Ausweg: Wer diese „Funktionswelten“ nicht mehr trennt, der nimmt dem Auto quasi als Nebenprodukt die Notwendigkeit. Denn wer wohnt, arbeitet und einkauft, ohne dafür große Strecken zurücklegen zu müssen, der ist ganz selbstverständlich auch zu Fuß oder mit dem Rad unterwegs. „Das Trennende ist das Bauprinzip der Moderne“, sagte Engelbrecht in seinem Vortrag, aber auch, dass ein Umdenken aus diesem Diktat der Effizienz durch Trennung gibt. Ihm selbst wiesen drei dänische Denker den Weg dazu; und mit diesen philosophischen Grundlagen führte er uns in eine Zukunft beider Länder, die Auswege aus der selbstgebauten Fokussierung auf das Auto weist.